"Schutz vor wirtschaftlicher Nötigung“
Drittstaaten setzen Handel und Investitionen zunehmend als politische Waffe ein. Neue Handelsregeln sollen die EU oder ihre Mitgliedstaaten deshalb in die Lage versetzen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und sie so vor wirtschaftlicher Nötigung zu schützen. Das sogenannte Instrument gegen Zwangsmaßnahmen („Anti-Coercion Instrument”), über das das EU-Parlament am heutigen Montag in Straßburg debattiert und am Dienstag endgültig abstimmt, soll die Souveränität der EU und ihrer Mitgliedstaaten in diesem geopolitischen Umfeld schützen.
Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses und Berichterstatter des EU-Parlaments für das Anti Coercion Instrument:
"Die
EU muss sich unangenehmen geopolitischen Realitäten stellen und dabei
handlungsfähiger als bisher werden. Handelspolitik wird immer häufiger
als politische Waffe eingesetzt. Wir hatten eine Lücke in unserem
Instrumentarium. Wir sind angreifbar und es gibt Staaten, die diese
Verwundbarkeit mit angedrohten Zwangsmaßnahmen ausnutzen wollen. Mit dem
neuen defensiven handelspolitisches Instrument kann Europa
selbstbewusster auf der Weltbühne für eigene Interessen einstehen und
sich gegen wirtschaftlichen Erpressungen verteidigen. Wir müssen das
Recht der Union, demokratische und souveräne politische Entscheidungen
zu treffen, ohne Zwang ausüben zu müssen, unbedingt schützen."
Das
EU-Parlament hat in den Verhandlungen eine Verwässerung des
Schutz-Instruments verhindert und Klarstellungen sowie Verschärfungen
durchgesetzt.
„Der Rat wollte leider einen Papiertiger aus dem
Schutz-Instrument machen. Das ist aufgrund des Widerstands des
Europäischen Parlaments misslungen. Wir haben für exakte Definitionen
und einen klaren Zeitplan gesorgt, so dass das Instrument nicht in alle
Ewigkeit verschoben werden kann. Zudem ist das Parlament auf sämtlichen
Stufen der Entscheidungsfindung beteiligt. Wir haben einen vielfältigen
Korb möglicher Sanktionen geschaffen. Dazu gehören klassische Zölle,
aber auch Beschränkungen des Marktzugangs, Export-Kontrollmaßnahmen und
Aufhebungen des Schutzes von geistigem Eigentum. So stellen wir sicher,
dass Drittstaaten nicht mehr anhand einer Excel-Tabelle kalkulieren
können, ob es sich finanziell lohnt, gegen Regeln zu verstoßen und die
Konsequenzen auszusitzen Zudem gibt es einen soliden Rahmen für die
Wiedergutmachung von Schäden.
Das Europäische Parlament
hatte dieses neue Instrument bereits seit Oktober 2020 eingefordert.
Anders als beispielsweise der amerikanische Ansatz, ist unser Instrument
aber ein defensives, reaktives und damit eine Maßnahme der letzten
Instanz. Bei dem neuen Instrument geht es im Kern darum, souveräne
Entscheidungen zu garantieren."
Nach einer Zustimmung der
Mehrheit im Parlament muss der Rat noch förmlich sein Einverständnis
geben, bevor die neue Regelung in Kraft treten kann.
Bernd Lange
Niedersachsen