"Es kann ja nicht sein dass die großen Pharmakonzerne die einen Impfstoff entwickeln einen Patentschutz darauf bekommen und letztendlich 12-20 Jahre die Preise setzen können wie sie wollen" betont der Europapolitiker Bernd Lange gegenüber dem ARD-Studio Brüssel. Von Ralph Sina, ARD Studio Brüssel.

Von einer Stunde der Hoffnung sprach die Kanzlerin.

Weltweite Zusagen von 7,4 Milliarden Euro hat die EU-Kommission bei ihrem Spendenmarathon zur Bekämpfung der Corona -Pandemie verzeichnet. Doch führen diese Milliarden tatsächlich dazu dass- wie vom von eines Tages ein Impfstoff weltweit zur Verfügung steht, also auch in den Slums von Nairobi und Neu Delhi und in den Favelas von Rio ?

Oder machen dank der von der EU initiierten Milliarden- Anschubfinanzierung und wegen des internationalen Patentschutzes letztlich multinationale Pharmaunternehmen mit dem Covid-Impfstoff Milliarden-Geschäfte in den wohlhabenden Regionen der EU, Amerikas und Asiens ?

"Es kann ja nicht sein dass die großen Pharmakonzerne die einen Impfstoff entwickeln einen Patentschutz darauf bekommen und letztendlich 12-20 Jahre die Preise setzen können wie sie wollen" betont der Europapolitiker Bernd Lange gegenüber dem ARD-Studio Brüssel.

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament erinnert sich noch gut daran wie 39 amerikanische und europäische Pharmakonzerne 2001 Südafrika verklagten, weil der Staat mit der höchsten Aids-Infektionsrate der Welt seiner armen Bevölkerung Zugang zu preiswerten AIDS- Medikamenten ermöglichen wollte. UN -Generalsekretär Kofin Annan erreichte damals in letzter Minute eine außergerichtliche Einigung.

Diese Einigung orientierte sich an dem Patentschutzabkommen der Welthandelsorganisation WTO, dem sogenannten Trips-Abkommen. Artikel 31 im TRIPS-Abkommen der WTO kann in Zukunft erneut der entscheidende Hebel werden und zwar um einen Covid19-Impfstoff tatsächlich der Weltbevölkerung zugänglich zu machen.

Denn dieses Artikel sieht ausdrücklich Zwangslizenzen für die Produktion von Generika vor. "Wenn es einen nationalen Notstand gibt können Zwangslizenzen erteilt werden“ unterstreicht der SPD-Europapolitiker Lange. Sein christdemokratischer EU-Parlamentskollege und Mediziner Peter Liese geht sogar noch einen Schritt weiter: die Welthandelsorganisation müsse für Covid-19 Impfstoffe, Medikamente und Tests nicht nur großzügig Zwangslizenzen zulassen.

Es müsse vielmehr auch möglich sein Strafzölle zu erheben gegen diejenigen die der Welt einen Impfstoff vorenthalten.

Zum Beispiel gegen die USA, die sich an der von der EU-initiierten Impfstoffinitiative nicht beteiligen und deren Präsident die Weltgesundheitsorganisation WHO am liebsten abschaffen würde.

Die US- Arzneimittelbehörde FDA hat das Mittel Remdesevir für die Covid-Behandlung im Eilverfahren zugelassen - und zwar unter der Bedingung dass einzig die US-Regierung über die Verteilung des Medikamentes entscheidet. Gegen Trumps ‚Amerika –First‘-Prinzip bei der Covid-Bekämpfung muss die EU nach Ansicht von Peter Liese mit sehr gezielten Strafzöllen vorgehen.

Dass Strafzölle Trump tatsächlich bewegen sein Amerika-First-Prinzip bei der Corona-Bekämpfung aufzugeben ist allerdings wenig wahrscheinlich. Die Welthandelsorganisation WTO ist auch nach Einschätzung der grünen EU-Politikern Anna Cavazzini der entscheidende Partner für die EU um in Zukunft eine möglichst umfassende Impfversorgung zu erreichen.

Die EU kann zum Beispiel Entwicklungsländer unterstützen bei der WTO eine Zwangslizenz zu beantragen sobald ein Impfstoff gegen Covid-19 verfügbar ist. Sie kann versuchen eine zwei-Drittel-Mehrheit der Mitgliedsstaaten in der Weltgesundheitsorganisation zu organisieren um die Vergabe solcher Zwangslizenzen zu erleichtern. Denn auf die Sozialbindung des Eigentums weist nicht nur das deutsche Grundgesetz hin. Auch das Abkommen der WTO weist auf der Wichtigkeit hin die öffentliche Gesundheit zu schützen .