Neuer EU-Kompass für Wettbewerbsfähigkeit

Die Europäische Kommission wird heute einen neuen Kompass für Wettbewerbsfähigkeit vorstellen. Dieser soll die Erkenntnisse aus dem Draghi-Bericht, der den wirtschaftlichen Rückstand Europas, vor allem hinsichtlich der Innovationsfähigkeit aber auch in den zukunftsträchtigen Schlüsseltechnologien gegenüber anderen Weltregionen, offengelegt hatte, in konkrete Maßnahmen im Rahmen des zukünftigen Arbeitsprogramms der EU Kommission, umsetzen.

Im Fokus stehen dabei drei Ziele: Schließen der Innovationslücke, gemeinsamer Fahrplan für Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit und Stärkung der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und Sicherheit.

Dazu der niedersächsische SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des EP-Handelsausschusses Bernd Lange:

„Es ist lobenswert, dass der schonungslose Draghi-Bericht im Nachgang nicht einfach in die Schublade geschoben wurde, sondern daraus zeitnah Konsequenzen gezogen werden. Die klare Ausrichtung Europas auf die Wettbewerbsfähigkeit aber vor allem auch die damit verbundene aktive Industriepolitik, waren längst überfällig. Gerade auch aufgrund der neuen geopolitischen Konstellation dürfen wir nicht noch weiter den Anschluss verlieren und müssen uns deshalb von unseren bisherigen Rezepten verabschieden und neue Wege einschlagen. Dass wir das auch im Bereich der Industriepolitik aber auch im Bereich der Innovation jetzt auf europäischer Ebene gemeinsam angehen, ist nur folgerichtig. Für kleine Lösungen ist schlichtweg keine Zeit mehr. Das muss vor allem auch für die Beihilfenpolitik gelten. Da bin ich sehr gespannt, ob der neue Beihilferahmen der neuen Ausrichtung unserer Industriepolitik auch gerecht wird.

Ob der Kompass für Wettbewerbsfähigkeit aber wirklich zu unserem Leitstern wird, muss sich erst noch zeigen. Denn der Teufel wird wie immer in der konkreten Umsetzung und vor allem in der finanziellen Ausstattung stecken. Die besten Maßnahmen nützen nichts, wenn dafür nicht auch ein entsprechender finanzieller Rahmen geschaffen wird. Der neue Fonds für Wettbewerbsfähigkeit wird deshalb nur seinem Namen gerecht werden, wenn er auch finanzielle Schlagkraft erhält. Es wird also alles mit der konkreten Ausgestaltung des neuen mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) stehen und fallen. Da muss sich die neue Marschrichtung auch klar widerspiegeln sonst bringt der beste Kompass nichts. Es muss zudem jedem klar sein, dass wir die Innovationslücke und das Mehr an Wettbewerbsfähigkeit nicht allein durch weniger Bürokratie erreichen sondern dafür auch entsprechende Investitionen unabdingbar sind. 

Die Aktionspläne für Schlüsselindustrien wie beispielsweise für die Auto- und die Stahlindustrie sind grundsätzlich zu begrüßen, da dies ein klares Bekenntnis zu diesen Industrien und den damit verbundenen guten Arbeitsplätzen darstellt. Aus den Plänen müssen dann aber auch konkrete Maßnahmen resultieren, damit diese Branchen zukunftsfähig werden.

Bei den angekündigten Partnerschaften für sauberen Handel und saubere Investitionen wird das Europäische Parlament genau darauf achten, ob diese Partnerschaften auch auf Augenhöhe und damit wirklich partnerschaftlich sind. Zudem wollen wir bei der Ausgestaltung dieser Partnerschaften eng eingebunden sein. 

Ein wenig zu kurz kommt mir aber die soziale Komponente. Die scheint mir bisher eher Beiwerk, das muss sich noch ändern. Die ganze strategische Neuausrichtung und der Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit ist nur gemeinsam mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu realisieren. Deshalb müssen sie viel stärker mitgenommen und eingebunden werden. Schließlich stehen ihre guten Jobs im Zentrum der gesamten aktiven Industriepolitik.“