Die EU will etwaige Sanktionen von Ländern wie China künftig besser mit harten Gegenmaßnahmen beantworten können. Allerdings wollen die Mitgliedstaaten das letzte Wort haben.
Ein Begriff aus der nuklearen Abschreckungslogik erhält Einzug in die europäische Handelspolitik: Gegenschlagskapazität. Noch in diesem Jahr will die EU ein Gesetz beschließen, das es ihr erlauben würde, ökonomische Erpressungsversuche anderer Länder mit Sanktionen zu vergelten. Als „Instrument gegen wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen“ oder „Anti-Coercion-Instrument“ wird das Vorhaben in Brüssel bezeichnet. 

Die Kommission hatte ihren Vorschlag vor einem Jahr präsentiert, inzwischen haben sich die Mitgliedstaaten auf eine Position verständigt. Der Gesetzentwurf liegt dem Handelsblatt vor und wurde an diesem Mittwoch von den EU-Botschaftern angenommen. Im nächsten Schritt muss das Dokument mit den Vorstellungen des EU-Parlaments in Einklang gebracht werden. Wenn alles glattgeht, könnte das Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Europa will sich so für Handelskriege rüsten. Erpressungsversuche, "bei denen ein Land Handels- oder Investitionshemmnisse in Kraft setzt", verstießen gegen internationales Recht, argumentieren die EU Staaten in dem neuen Entwurf. Eine "wirksame, effiziente und rasche Reaktion der Union aufwirtschaftlichen Zwang" sei daher nötig. [...]

Diese Kritik kommt auch aus dem EU-Parlament. "Abschreckungspotenzial wird das Instrument nur besitzen, wenn wir als EU mit einer Stimme sprechen", sagt Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses. Wenn sich Europa spalten ließe, "wird das System unbrauchbar". Daher sei es "unheimlich wichtig, dass wir einen europäischen Ansatz wahren". Das EU-Parlament hofft auf eine rasche Verständigung mit den Mitgliedstaaten. Auch die tschechische Regierung, die derzeit die Ratspräsidentschaft innehat, will das Gesetz vor Weihnachten beschließen. "Dafür müssen aber die Details im Gesetz passen", mahnt Lange, "da liegt noch einige Arbeit vor uns." [...]