„Historischer Schritt im Kampf gegen Billigpaketflut von TEMU & Co.“
EU-Finanzminister einigen sich auf Abschaffung der 150 Euro-Zollfreigrenze
Die EU-Finanzminister haben sich bei ihrem heutigen Treffen auf die Abschaffung der Zollfreigrenze für Warensendungen unter 150 Euro ab Mitte 2028 geeinigt.
Dazu der niedersächsische SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des EP-Handelsausschusses Bernd Lange:
„Dafür habe ich jahrelang gekämpft. Das ist ein historischer Schritt! Endlich wird der immer größer werdenden Flut an Billigpaketen ein Riegel vorgeschoben und damit auch Schlupflöcher, wie das Stückeln von Paketen, geschlossen. Das war so was von überfällig, schließlich haben sich die Pakete in die EU mit einem Warenwert unter 150 Euro allein von 2022-2024 verdreifacht und lagen letztes Jahr bei über 4,5 Milliarden Sendungen. Das sind 12,6 Millionen Pakete pro Tag, Tendenz weiter steigend. Mal davon ganz abgesehen davon, dass nur ein ganz geringer Bruchteil kontrolliert werden kann, da die Zollbehörden dieser Flut einfach nicht gewachsen sind. Wenn die Zollfreigrenze mal vom Tisch ist, dann wird sich die Paketflut drastisch reduzieren, davon gehe ich stark aus. Dafür genügt ein Blick nach Amerika. Dort sind die Verkäufe dieser Online-Handelsplattformen nach dem Wegfall der dortigen Zollfreigrenze von 800 Dollar geradezu eingebrochen, zumal die amerikanische Regierung zudem auch eine Zoll-Mindestabgabe von 100 Dollar pro Paket festgelegt hat.
Es ist aber bedauerlich, dass sich die Mitgliedstaaten auf keinen schnelleren Fahrplan einigen konnten. Da hätte man meiner Meinung nach, angesichts der prekären Lage und des dringenden Handlungsbedarfs, viel ambitionierter sein müssen und die endgültige Abschaffung nicht erst auf Mitte 2028 verlagern dürfen. Das lässt eines der geschärften Instrumente, die wir gegen die Paketflut haben, erst mit zeitlicher Verzögerung zur Wirkung kommen. Das ist eine verpasste Chance, gleich richtig Nägel mit Köpfen zu machen!
Zudem ist die Abschaffung der Zollfreigrenze auch nur ein Baustein zur Lösung des Problems. Flankiert werden muss die heute beschlossene Abschaffung der Zollfreigrenze mit der zeitnahen Einführung einer Bearbeitungsgebühr für E-Commerce. Die liegt auch schon auf dem Tisch und da unterstütze ich die Forderung unseres Finanzministers, Lars Klingbeil, alles Mögliche zu tun, damit sie schon vor November 2026 Realität wird. Es kann nicht sein, dass da einzelne Mitgliedstaaten jetzt schon voran gehen und wir nicht gleich eine europäische Lösung hinbekommen und dann daran auch einen Haken setzen können. Zentral wäre auch, diese Gebühren bereits ab Tag 1 direkt von den Plattformen einzufordern, um die Verbraucher nicht zu belasten. Die schnelle Einführung einer Bearbeitungsgebühr wäre auch deshalb ein wichtiger Schritt, weil dadurch unseren Zollbehörden finanziell und damit auch personell, der Rücken gestärkt werden würde.
Und das ist bitter nötig, da bei Untersuchungen von diesen Billigpaketen leider immer wieder zum Vorschein kommt, dass es teils erhebliche Probleme mit der Einhaltung europäischer Verbraucherschutzstandards, z.B. durch die Verwendung von nicht zugelassenen Chemikalien oder Mängel bei der Produktsicherheit gibt. Deshalb kann es nicht angehen, dass solche Plattformen sich lediglich als Marktplätze und Umschlagbörsen sehen und sich dann, wenn es um die Produktqualität oder Verbraucherschutzrechte geht, einen schlanken Fuß machen. Es ist deshalb richtig, sie für die auf den jeweiligen Plattformen angebotenen Produkte auch in die Verantwortung zu nehmen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die gesamte Zollreform wie geplant bis Ende des Jahres unter Dach und Fach haben und auch der digitale Produktpass für eine bessere Nachverfolgbarkeit endlich kommt.
Generell gilt: Wenn es Gesetzeslücken gibt oder die Durchsetzung und Kontrolle nicht funktioniert, dann muss man zukünftig schneller handeln. Vor allem wenn es sich um digitale Dienste handelt. Das darf kein rechtsfreier Raum sein. Gerade bei Online-Plattformen muss es zudem ein bestimmtes Maß an Transparenz geben. Sie dürfen nicht zu Black-Boxen werden. Alle müssen sich an die gleichen Regeln und Standards halten und wenn das nicht der Fall ist, dann muss unmittelbar dagegen, ohne Wenn und Aber, vorgegangen werden. Nicht nur zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch weil es einen klaren Wettbewerbsnachteil für den lokalen Handel darstellt. Wettbewerb ja, aber er muss fair sein, auch gerade im Interesse des lokalen Handels. Wir brauchen klare Leitplanken für Online-Marktplätze wie TEMU, Shein & Co.! Sonst bekommt man das Problem nicht mehr in den Griff."