Bernd Lange im NP-Interview zu den Wirtschaftsplänen von Donald Trump.

Den hannoversche Europaabgeordneten Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments, beunruhigen die Wirtschaftspläne des künftigen US-Präsidenten Donald Trump.

Was bedeuten Trumps Pläne für den Welthandel?

Es ist sicherlich eine Verstärkung von protektionistischen und Abschottungsmaßnahmen. Er hatte schon im Wahlkampf sehr deutlich angekündigt, dass er Abwehrmaßnahmen gegen China plant – bis hin zu 45 Prozent Strafzöllen. Was natürlich laut Richtlinien der Welthandelsorganisation (WTO) auch für alle anderen Importe in die USA gelten würde. Er will das pazifische Abkommen TPP kündigen. Und auch das Nafta-Abkommen mit Kanada und Mexiko will er neu verhandeln. Seine Linie „America first“ kann deutliche Veränderungen im Welthandel mit sich bringen.

Sind seine Pläne „America first“ denn gut für Amerika?

Ich kann mir das nicht vorstellen. Die USA sind in globale Wertschöpfungsketten eingebunden. Die Vorstellung, dass die USA alles allein produzieren und exportieren können, ist schon lange überholt. Das ist eine Illusion. Es wird nicht gelingen, sich da abzuschotten. Allein im Maschinenbau kommen die wesentlichen Produkte aus Deutschland, die können die Amerikaner nicht einfach selbst machen. Ökonomisch wird sich das auch schwerlich rechnen.

Was bedeuten die Pläne Trumps denn für Deutschland?

Unsicherheit. Im Rahmen der Nafta sind viele Investitionen auch nach Mexiko gegangen, auch gemischte Investitionstätigkeiten für Mexiko und die USA. Wenn sich das jetzt verändert, dann bringt das negative Konsequenzen, etwa Investionszurückhaltungen. Es wirkt sich aber auch auf den direkten Handel aus, denn wenn er gegenüber China Maßnahmen ergreift, dann gilt das laut WTO-Richtlinien eben auch für alle anderen Handelspartner. Wenn er 45 Prozent Zoll auf chinesische Produkte erhebt, gelten auch 45 Prozent für deutsche Maschinen. Unvorstellbar ist das.

Trump will auch Umweltschutzbestimmungen streichen. Was bedeutet das für die Energieversorgung der USA und was für das Weltklima?

Ich befürchte, dass er das COP-21, das Klimaschutzabkommen von Paris, nicht umsetzen wird. Das ist fatal, denn es ist eines der wenigen Dokumente, die globale Akzeptanz gefunden haben. Wenn er jetzt jenseits von Umweltgesichtspunkten Energiepolitik betreibt, bedeutet das unlautere Wettbewerbsvorteile. Abgesehen davon, dass dies auch nachhaltige Umweltschäden in den USA mit sich bringt.

Wie werden sich Trumps Pläne für die Arbeiter und Beschäftigten auswirken – sowohl in den USA als auch in Europa?

In den USA wird er versuchen, Produktionsstätten etwa von Mexiko in die USA zu verlagern. Ich bin mir nicht sicher, ob das gelingen wird, weil ja auch die Wettbewerbsfähigkeit durch eine Mischkalkulation von unterschiedlichen Produktionsstandorten gewährleistet wird. Auch wenn es einen relativ großen Binnenmarkt in den USA gibt, so ist er auch auf Exporte angewiesen. Was Europa anbelangt: Dort gibt es eben eine große Verunsicherung, gerade im Maschinenbau sind die USA der zentrale Markt. Wenn es hier Unsicherheiten gibt, gibt es auch weniger Investitionssicherheit in Standorte.

Welche Möglichkeiten hat Europa, wenn sich die USA nicht mehr an geschlossene Verträge halten?

Man muss verstärkt die WTO als Handlungsfeld in den Blick nehmen, um von bilateralen Verträgen wegzukommen. Man muss blockierte Verträge durch die USA mit möglichst vielen anderen Partnerschaften kompensieren.

von Petra Rückerl