Fahrlässig, jetzt die Illusion zu verbreiten, unter den gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen könnte mit den Vereinigten Staaten über ein umfassendes Handelsabkommen mit Erfolgsaussicht verhandelt werden.

TTIP-Verhandlungen mit den USA sollen nach Vorschlag des CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz neu belebt werden. 

Dazu der niedersächsische SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des EP-Handelsausschusses Bernd Lange:

Es ist fahrlässig, jetzt die Illusion zu verbreiten, man könnte unter den gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen mit den Vereinigten Staaten über ein umfassendes Handelsabkommen mit Erfolgsaussicht verhandeln. Schon bei den TTIP-Verhandlungen hat sich doch gezeigt, dass es erhebliche Barrieren gibt, die kaum zu überwinden sind. So stehen die Vereinigten Staaten und die EU in vielen Bereichen der Industriegüterproduktion im direkten Wettbewerb. Deshalb ist es kaum möglich, sich auf gemeinsame Standards oder Testverfahren zu verständigen, weil dies immer eine Verschiebung der Wettbewerbssituation bedeutet. Selbst die Anerkennung von Zertifizierungsverfahren erscheint kaum möglich. 

Das offensive Interesse der Vereinigten Staaten im Bereich der Landwirtschaft ist der Absatz von verarbeiteten Agrarprodukten, die zum großen Teil künstlich, gentechnisch verändert hergestellt worden sind. Das ist mit europäischem Recht nicht vereinbar. 

Für die EU ist klar, dass Handel auch zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsanforderungen beitragen muss. Die USA haben nur zwei der zehn Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert. Fundamentale Arbeitnehmerrechte sind nicht verankert und auch die Umsetzung des Pariser Klimaschutz Abkommens erscheint schwierig. 

Wenn man sich jetzt die Problematik mit dem zukünftigen Präsidenten Trump anschaut, dann werden diese Punkte alle noch viel unüberwindbarer. Der Kern der wirtschaftspolitischen Vorstellungen von Herrn Trump basiert ja gerade auf die Verschärfung der Abschottung von Importen, mit dem Ziel, die Produktion in den USA zu erweitern. In diesem Kontext gibt es ja immer noch die illegalen Import-Zölle auf europäischen Stahl von 25 Prozent, die Herr Trump in seiner ersten Präsidentschaft eingeführt hat. 

Ein umfassendes Handelsabkommen würde sicherlich die Wettbewerbssituation der EU-Hersteller verbessern. Und das ist nun bekanntermaßen nicht im Interesse von Herrn Trump, der ja bei jeder Gelegenheit das Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber der Europäischen Union anprangert. Einzig könnte man sich vorstellen, dass es bestimmte Sektorale Abkommen geben kann, die zu einem partiellen Interessenausgleich führen. So haben wir mit den Vereinigten Staaten unter Trump ein Abkommen über den Handel mit Hummer abgeschlossen. Insgesamt müssen wir aber mit einer Verschärfung der protektionistischen, quasi merkantilen Haltung der Vereinigten Staaten rechnen.

Insofern ist Realismus gefragt, die Möglichkeiten von Einzelvereinbarungen und den gezielten Einsatz von Gegenmaßnahmen gegen die protektionistische Politik der USA, verantwortungsvoll einsetzen.