Gewerkschaften und Betriebsräte haben in vielen Branchen und Unternehmen dafür gesorgt, dass die rasante digitale Transformation auch im Interesse der Beschäftigten verläuft. Ein wichtiger, aber nicht ausreichender Schritt auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Mitbestimmung war das sogenannte Betriebsrätemodernisierungsgesetz, das 2021 auf Druck der Gewerkschaften beschlossen wurde. Arbeitnehmervertreter*innen können seitdem die mobile Arbeit mitgestalten.

Zudem dürfen sie externe Sachverständige zur Beratung hinzuziehen, wenn zum Beispiel im Unternehmen selbstlernende Software eingeführt werden soll. Das reicht allerdings nicht aus, um die gravierenden Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, fair und gerecht zu gestalten. Eine umfassende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes muss schnell auf den Weg gebracht werden. Es ist höchste Zeit, Betriebsräten mehr Rechte zu geben, damit sie auch dort entstehen und aktiv werden können, wo sich bisher keine Mitbestimmungskultur etablieren konnte, zum Beispiel in der Plattformökonomie.

Dort verstärkt der digitale Wandel den analogen Kapitalismus und schafft neue Formen der Ausbeutung. Sogenannte Clickworker*innen, digitale Gelegenheitsarbeiter*innen, nehmen Kleinstaufträge für wenige Euro auf Onlineplattformen an – von kurzen Produktbeschreibungen bis zu Lieferaufträgen. Gewerkschaften kämpfen seit vielen Jahren für bessere Arbeitsbedingungen in dieser Branche. Das Grundproblem ist jedoch, dass die Plattformarbeit von staatlicher Seite nicht reguliert wird beziehungsweise staatliche und europäische Regulierung teilweise die kollektive Interessensvertretung sogar behindert. Hoffnung macht ein Vorhaben der EU-Kommission, die Plattformbranche fairer zu machen.

Treiber der digitalen Revolution sind unbestritten die großen US-Konzerne, die mit ihren Plattformen Prototypen geschaffen haben. Sie herrschen über eine globale digitale Infrastruktur. Ohne Suchmaschinen, Cloudspeicher und Onlinemarktplätze ist das moderne Arbeits- und Geschäftsleben kaum mehr vorstellbar. Exemplarisch für einen plattformbasierten Konzern steht Amazon. Seine enorme Reichweite, die mittlerweile weit über den Onlinehandel hinausgeht, geht einher mit harten Arbeitsbedingungen und einem gewerkschaftsfeindlichen Klima. Seit vielen Jahren kämpft die Dienstleistungsgesellschaft ver.di in Deutschland für mehr Fairness und bessere Konditionen beim Versandhändler – durchaus mit Erfolgen.

Der Atlas der digitalen Arbeit will auch die positiven Seiten der Digitalisierung beschreiben. So gibt es viele neue innovative Wege für eine moderne Betriebsratsarbeit etwa beim weltgrößten Automobilzulieferer, dem deutschen Konzern Bosch. Dort und anderswo zeigt sich, dass Gewerkschaften und Betriebsräte in der digitalen Arbeitswelt als Treiber und Gestalter für eine innovationsfreundliche, regulierte Digitalisierung wirken. In Branchen und Unternehmen, in denen Betriebsräte Druck machen und mitbestimmen, wo es Tarifverträge gibt, die von Arbeitgebern und Gewerkschaften verhandelt wurden, wird der Wandel im Sinne einer weiteren Humanisierung der Arbeit gestaltet.

Der Atlas der digitalen Arbeit blickt auf viele verschiedene Branchen: Auto, Chemie und Pharma, aber auch die Pflege und die öffentliche Hand. Es geht um grundlegende Fragen: Wie weit sind smarte Computer und Roboter in diesen Bereichen auf dem Vormarsch? Welche Folgen hat das für die Beschäftigten? Wie viel verdienen Menschen in digitalen Berufen? Was verändert sich in der Berufsausbildung? Macht Homeoffice glücklich? Profitieren Frauen und Männer gleichermaßen von den Vorteilen der digitalen Arbeitswelt?

Und übergreifend: Welche Ideen haben Politik und Gewerkschaften, damit es auch in einer smarten Zukunft gerecht und fair zugeht? Antworten darauf finden Sie im Atlas der digitalen Arbeit.