Neuer Vorschlag der EU-Kommissionspräsidentin zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2028–2034 enttäuscht bei der Regionalpolitik

Im Vorfeld der heutigen Beratungen des Europäischen Parlaments hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Schreiben an Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sowie die dänische Premierministerin Mette Frederiksen neue Vorschläge zur Regionalpolitik im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) 2028–2034 unterbreitet. Vorausgegangen waren deutliche Forderungen der pro-europäischen Fraktionen – EVP, S&D, Grüne und Liberale – nach grundlegenden Änderungen bei den geplanten nationalen und regionalen Partnerschaftsplänen (NRP). 

Dazu der niedersächsische SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des EP-Handelsausschusses Bernd Lange:

„Die Vorschläge von Kommissionspräsidentin von der Leyen bleiben unkonkret und gehen an den tatsächlichen Bedürfnissen der Regionen vorbei. Die Beteiligung und Förderung der Regionen wie Niedersachsen bleibt weiterhin unzureichend. Statt klarer Anpassungen am MFR gibt es lediglich vage Ideen. Das reicht nicht aus, um den Regionen Planungssicherheit zu geben und den europäischen Zusammenhalt zu stärken.“

Nach dem derzeitigen Stand sollen die Mittel der EU-Strukturförderung künftig ausschließlich über nationale Pläne gesteuert werden. Damit würden die Mitgliedstaaten alleinige Verantwortung für die Verteilung übernehmen. Die bisher in föderalen Staaten wie Deutschland auf Länderebene verhandelten Programme des Europäischen Regionalfonds (EFRE) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) würden durch nationale Partnerschaftsabkommen ersetzt – und der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) fiele ganz weg.

Bernd Lange warnt vor den Folgen insbesondere für Niedersachsen: „Niedersachsen ist ein großes Flächenland mit starken ländlichen Regionen und bedeutenden industriellen Zentren, die vor großen Herausforderungen stehen. Wir brauchen hier eine aktive Regional- und Strukturpolitik aus einer Hand – mit klarer regionaler Verantwortung. Allein in der laufenden Förderperiode stehen zwei Milliarden Euro aus den EU-Fonds zur Verfügung, die in Innovation, Qualifizierung, ländliche Entwicklung und sozialen Zusammenhalt fließen. Diese regionale Handlungsfähigkeit darf nicht beschnitten werden.“

Bernd Lange fordert daher konkrete Änderungen im Kommissionsvorschlag: „Dreh- und Angelpunkt ist, dass die Regionen in Deutschland eigene Planungs- und Entscheidungsspielräume bekommen. Die EU darf nicht zu einem bürokratischen Zentralismus zurückkehren. Wer die europäische Idee stärken will, muss die Regionen beteiligen und die Vielfalt Europas ernst nehmen. Als Vorsitzender der Konferenz der Ausschussvorsitzenden und Mitglied der Steuerungsgruppe des Europäischen Parlaments zum MFR werde ich mich in den weiteren Beratungen mit Nachdruck für substanzielle Verbesserungen einzusetzen. Neben der Verteilung von möglichen EU-Geldern muss auch endlich klar sein, wie der Haushalt in den nächsten Jahren finanziert werden soll. Wenn es keine deutliche Ausweitung gibt, werden viele wichtige und gute Aktivitäten nicht mehr möglich sein.

Als nächsten Schritt wird der Haushaltsausschuss für etwa April nächsten Jahres einen Initiativbericht erarbeiten, in dem die politischen Anforderungen noch einmal formuliert werden und dann geht es in die Beratung der einzelnen Sektoren. Wir hoffen, im Laufe des nächsten Jahres oder spätestens Anfang übernächsten Jahres ein Ergebnis auf dem Tisch zu haben.“

Hintergrund:
Die Europäische Kommission hat am 16. Juli 2025 ihren Entwurf für den nächsten langfristigen Haushalt der Europäischen Union – den sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) – für den Zeitraum von 2028 bis 2034 vorgestellt. Der MFR legt fest, welche politischen Schwerpunkte die EU in diesen sieben Jahren setzen und welche jährlichen Ausgabenobergrenzen gelten sollen.

Im Zentrum des Vorschlags stehen sowohl die geplanten Haushaltsobergrenzen als auch neue Ideen zur Erweiterung der Eigenmittel der EU und zur Strukturierung künftiger Förderinstrumente. Vorgesehen ist die Schaffung eines neuen Europäischen Fonds für wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, maritime Angelegenheiten, Wohlstand und Sicherheit. Dieser Fonds, der ein Gesamtvolumen von rund 950 Milliarden Euro umfassen soll, würde die bisherige Förderpolitik der EU grundlegend verändern.

An die Stelle von fast 540 bestehenden Programmen sollen künftig nur noch 27 nationale und regionale Partnerschaftspläne (NRP) sowie ein zusätzlicher Interreg-Plan treten. Diese Partnerschaftspläne sollen zentrale Politikbereiche abdecken – darunter die Kohäsions- und Sozialpolitik, die Gemeinsame Agrarpolitik, die Fischerei- und Meerespolitik, aber auch Themen wie Migration, Grenzmanagement und innere Sicherheit.

Der bisherige Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), der bislang die zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik bildete, würde in diesem neuen System entfallen. Andere Fonds, wie etwa der Europäische Sozialfonds Plus (ESF+), sollen als Teil des neuen Gesamtfonds fortbestehen.

Jeder Mitgliedstaat wäre verpflichtet, einen eigenen nationalen Partnerschaftsplan (NRP) zu erstellen. In diesen Plänen sollen unter Beteiligung der Regionen nationale Strategien für Reformen, Investitionen und weitere Maßnahmen festgelegt werden. Die Kommission plant zudem, die Auszahlung der Fördermittel künftig stärker an die tatsächliche Umsetzung von Reformen zu koppeln.

Nach bisherigen Schätzungen würde der neue Fonds jedoch geringere Mittel für die Entwicklung ländlicher Räume und für strukturpolitische Fördermaßnahmen vorsehen als bisher.