Bernd Lange (65) ist seit 1994 (mit fünf-jähriger Unterbrechung) SPD-Europa Abgeordneter und aktuell in Brüssel Vorsitzender des EU-Handelsausschusses. Der Hannoveraner ist bekennender Motorrad- und Oldtimer-Fan und fährt aktuell eine BMWR1200RS.

Herr Lange, haben Sie Zahlen, wieviel CO2 Motorräder in Europa jährlich unterm Strich ausstoßen? Als ehemaliger EU-Berichterstatter zum Thema Abgasmessungen bei Motorrädern kann ich Ihnen sagen, dass die Erfassung der CO2-Werte beim Motorrad mit Euro4 eingeführt wurde. Aber welchen Anteil Motorräder am europäischen Gesamtausstoß haben, das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Bei einer durchschnittlichen Motorrad-Jahresfahrleistung von 5000 Kilometern dürfte dieser Anteil marginal sein. Aber bei Verbrauchswerten von um die fünf Liter wird die Diskussion über Motorräder kommen.

Für Autos hat die EU-Kommission ja schon das Jahr 2035 als gewünschtes Ende für neue Verbrenner in den Raum gestellt. Von Motorrädern war seitens der EU-Kommission nicht die Rede. Haben wir vielleicht die Chance, hier vergessen zu werden? Was Sie ansprechen, ist die Gesetzgebung zur Typzulassung neuer Pkw und neuer leichter Nutzfahrzeuge. Insofern tauchen Motorräder da naturgemäß nicht auf. Bei Motorrädern ist die Euro-5-Abgasnorm ja gerade erst in Kraft getreten. Aber ich kann mir vorstellen, dass im Rahmen der aktuellen Diskussion um die CO2-Reduktion beim Pkw auch wieder über Motorrad nachgedacht wird. Auch Elektro-Bike-Hersteller wie Zero werben sehr aggressiv mit dem CO2 Argument. Insofern werden Motorräder hier eher nicht „vergessen“.

Wann werden künftige Verbrenner-Neuzulassungen entsprechend reglementiert, indem kein CO2 emittierendes Motorrad mehr neu zugelassen werden darf?

Grundsätzlich steht die Jahreszahl 2035 jetzt natürlich im Raum. Ich kann mir gut vorstellen, dass über die CO2-EU-Gesetzgebung eine Regulierung der Neuzulassungen bis dahin kommt.

Der europäische Zweiradherstellerverband ACEM scheint Ähnliches zu befürchten und hat schon mal Ausnahmeregelungen für große Motorräder gefordert, mit der korrekten Begründung, dass die E-Motorräder einfach nicht die Reichweiten von Verbrennern erzielen. Halten Sie solche Ausnahmen für realistisch?

Da ich selber Motorradfahrer bin, würde ich solche Ausnahmen natürlich gerne sehen. Aber realistisch? Offen gesagt nicht. Wobei man gerade bei so einer Jahreszahl wie 2035 ganz klar differenzieren muss zwischen Neuzulassungen und dem Bestand an Verbrennern, den es ja auch darüber hinaus weitergeben wird. Ich würde mich für größere Spielräume beim Motorrad einsetzen, was das Ende der Neuzulassung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren anbetrifft, also vielleicht fünf Jahre später. Aber generelle Ausnahmen – das wird schwierig.

Könnten synthetische Kraftstoffe eine Lösung sein?

Für den Bestand durchaus. Deswegen ist die Frage nach synthetischen Kraftstoffen eine wichtige. Diese müssen auch weiterentwickelt werden. Der Bestand muss weiter mobil sein können. Wobei damit zu rechnen ist, dass solche E-Fuels höchstwahrscheinlich teurer sein werden als heute Benzin. Man muss der Zukunft ins Auge blicken, es wird Veränderungen geben. Ich bin für Klarheit. Und klar ist, es läuft auf 2035 hinaus; jedenfalls beim Auto. Bis dahin können die Hersteller die Perspektiven und Entwicklungszyklen gestalten. Bei den Motorrädern mag es vielleicht noch etwas mehr Spielraum geben. Dass die Perspektive der E-Antrieb ist, das sollte klar sein.