Europäer und Amerikaner wollen auf dem Gipfel in Washington zwei schwierige Handelskonflikte beilegen. Ob das gelingt, ist unsicher. Die EU will nur eine WTO-kompatible Lösung akzeptieren.

Zwei Erfolge will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach dem EU-US-Gipfel an diesem Freitag in Washington verkünden: das endgültige Ende der amerikanischen Schutzzölle auf Stahl und Aluminium aus der EU und ein Rohstoffabkommen. Ob es dazu kommt, ist offen. Das gilt insbesondere für die Schutzzölle.

Als von der Leyen am Mittwochabend in Washington angekommen ist, hätten beide Seiten in diesem Punkt weit auseinandergelegen, heißt es aus der Europäischen Kommission. Besser werden die Chancen auf den Abschluss des Rohstoffabkommens eingeschätzt, das den Europäern einen breiteren Zugang zu dem amerikanischen 369-Milliarden-Dollar-Subventionspaket Inflation Reduction Act verschaffen soll.

Die Zölle von 25 Prozent auf Stahl und 10 Prozent auf Aluminium hatte 2018 der damalige US-Präsident Donald Trump verhängt. Hintergrund waren die großen Überkapazitäten auf dem Weltmarkt. Die EU hatte mit Gegenzöllen auf diverse US-Produkte von Bourbon bis Harley-Davidson-Motorräder reagiert.

Unter dem Trump-Nachfolger Joe Biden hatten sich die EU und die USA dann zwar Ende Oktober 2021 auf eine partielle Aufhebung der Zölle geeinigt und ein „Inter­nationales Übereinkommen für nachhaltigen Stahl und Aluminium“ ausgerufen. Die Aussetzung war aber auf zwei Jahre begrenzt. Gibt es bis Ende Oktober keine dauerhafte Lösung oder zumindest eine Verlängerung der Aussetzung, fallen von 2024 an wieder Zölle an.

An der Situation am Stahlmarkt hat sich seit 2018 nichts geändert. Im Gegenteil: Die OECD geht davon aus, dass 2025 einer Nachfrage von ungefähr 2 Milliarden Tonnen eine Rohstahlkapazität von rund 2,6 Milliarden Tonnen gegenübersteht. Das liegt vor allem an China. Das Land produziert mit einer Milliarde Tonnen die Hälfte des gesamten Stahls der Welt. Zum Vergleich: Auf Deutschland entfallen als Nummer eins in der EU 40 Millionen Tonnen im Jahr. [...]

EU-Abgeordneter Lange: Kein Abkommen um jeden Preis

Der Vorsitzende des Handelsausschuss im Europaparlament, der SPD-Abgeordnete Bernd Lange, warnte vor dem Gipfel davor: „Wir sollten keine Einigung um jeden Preis erzwingen.“ Auf keinen Fall dürfe die EU einem Rahmen zustimmen, der die WTO untergrabe, das multilaterale Handelssystem schwäche und zu noch mehr Protektionismus und einer fragmentierten Globalisierung führe. Sich vorab auf einen konkreten Zollsatz auf chinesischen Stahl zu verständigen müsse tabu sein. Ein Zoll müsse auf einer Untersuchung, Beweisen und der Schädigung der EU-Industrie basieren. Das Europaparlament muss einer Stahleinigung zustimmen.

Schwierig ist für die EU auch die zweite Bedingung der Amerikaner. In einem nächsten Schritt sollen die Europäer und Amerikaner im Rahmen des vereinbarten „Internationalen Übereinkommen für nachhaltigen Stahl und Aluminium“ globale Anreize für die Produktion von grünem Stahl und Aluminium schaffen. Das läuft auf zusätzliche Handelshürden für Stahl aus China hinaus, der bisher weitgehend mit Kohle produziert wird. Es geht dabei auch darum, ob die USA von der CO2-Grenzabgabe (CBAM) ausgenommen wird, die die EU von 2026 an auf Stahl und Aluminium aus Ländern ohne vergleichbare Klimaziele erhebt. [...]