Bernd Lange:

Heutige Treffen der EU-Handelsminister: „Da wäre mehr möglich und nötig gewesen“

Heute trafen sich die EU-Handelsminister in Brüssel zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode. Drei Hauptthemen standen auf der Tagesordnung: Handel und Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunft der EU-Handelspolitik, der Stand der Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der EU und dem afrikanischen Kontinent sowie die Folgemaßnahmen der 13. WTO-Ministerkonferenz. 

Der niedersächsische SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange über das in dieser Legislatur Erreichte und künftige Herausforderungen:

 "In den vergangenen zehn Jahren habe ich als Vorsitzender des Handelsausschusses viele Gespräche und Verhandlungen mit den Handelsministern geführt. Es ist klar, dass unsere Handelspolitik mit vielen Herausforderungen konfrontiert ist. Deshalb ist es schade, dass der Rat heute keine konkreten Ergebnisse erzielt hat. Da wäre nicht nur mehr möglich sondern sogar mehr nötig gewesen. Eine nachhaltige und aktive Handelspolitik ist mehr denn je zentral für unsere Zukunftsfähigkeit und das Gelingen des Green Deal. Aber wir müssen jetzt handeln sonst rennen wir hinterher. 

 Die Wettbewerbsfähigkeit steht ganz oben auf der Tagesordnung der Minister und das zu Recht. Wir müssen dafür sorgen, dass die EU ein wohlhabender Kontinent bleibt, auf dem Menschen und Unternehmen gedeihen können. Das bedeutet, dass wir uns mit dem Problem des globalen wirtschaftlichen und geopolitischen Wettbewerbs zwischen den USA und China auseinandersetzen müssen. Im Vergleich zu den USA hängt unser BIP aber viel stärker vom Handel ab, und unsere Lieferketten sind viel stärker mit denen Chinas verflochten. Auf diesem Auge dürfen wir also nicht aus ideologischen und geopolitische Gründen einfach blind sein. Wir müssen in diesem Wettlauf vielmehr  unseren eigenen Weg gehen. Und so selbstbewusst sollten wir auch sein. Es wäre allerdings eine Illusion zu glauben, wir könnten nur mit 'gleichgesinnten' Partnern Handel treiben, unabhängig davon, wie man diesen leeren Begriff definieren würde.

 Vielmehr müssen wir uns stärker diversifizieren, indem wir uns mit zuverlässigen Ländern zusammentun. Handels- und Investitionsabkommen sind eine Möglichkeit, dies zu tun. Es ist bedauerlich, dass wir nicht in der Lage waren, ein Abkommen mit Australien zu schließen, und dass es uns noch nicht gelungen ist, unser Abkommen mit Mexiko vollständig zu modernisieren. Jetzt, da wir über zusätzliche Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels wie die Entwaldungsverordnung verfügen sollten wir zeitnah auch einen Weg finden, ein nachhaltiges Abkommen mit den Mercosur-Ländern abzuschließen.

 Was Afrika betrifft, so sollten wir uns viel stärker darum bemühen, uns als attraktiver Partner zu präsentieren, der sich mit den afrikanischen Ländern auf Augenhöhe für eine für beide Seiten vorteilhafte Beziehung einsetzen möchte. Ohne sie können wir weder die WTO reformieren noch den Klimawandel bewältigen. 

Drei Prioritäten zeichnen sich ab. Erstens müssen wir sicherstellen, dass die Entwicklungsländer bei der Einhaltung unserer neuen unilateralen Rechtsvorschriften unterstützt werden, z. B. in Bezug auf die Abholzung von Wäldern oder den CO2-Grenzausgleichsmechanismus. Es wäre eine selbstzerstörerische Strategie, anzunehmen, dass ein solcher Wandel über Nacht stattfindet. Zweitens sollten wir den afrikanischen Ländern die Möglichkeit geben, einen Mehrwert für ihre Produkte zu schaffen, bevor sie in die EU exportieren. Das kürzlich geschlossene Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Kenia zielt genau darauf ab. Drittens sollte unser Global Gateway mehr als nur ein Schlagwort sein und durch konkrete Gelder und Projekte untermauert werden, damit unser Angebot an Afrika attraktiver ist als das unserer Mitbewerber. Der Bottom-up-Ansatz, den wir mit Ghana, Kamerun und Côte d'Ivoire im Rahmen der Initiative für nachhaltigen Kakao erfolgreich getestet haben, weist die richtige Richtung.“