Der 3. Juni steht ganz im Zeichen des Fahrrads. Und das gleich doppelt: seit 1998 als Europäischer Tag des Fahrrads (franz. Journée européenne de la bicyclette – engl. European Cycling Day) und seit 2018 als UN-Weltfahrradtag (engl. World Bicycle Day).

Dazu Bernd Lange, niedersächsischer SPD-Europaabgeordneter und Vorsitzender des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments: 

„Die UN Erklärung zum Weltfahrradtag ist eine klare Anerkennung für den Beitrag des Fahrradfahrens zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung. Ja, Fahrradfahren ist zweifelsohne ein Beitrag zur nachhaltigen Mobilität, hat immer auch eine soziale Komponente. Richtig nachhaltig wird Fahrradfahren erst, wenn auch die Fahrradproduktion nachhaltig ist. Zur Herstellung eines Fahrrads werden bis zu 2000 Teile benötigt, die aus der ganzen Welt in die EU kommen und hier zusammengeschraubt werden. Leider kann man bisher nicht sagen, dass diese globale Produktion nachhaltig ist. Fundamentale Arbeitnehmerrechte und Umweltstandards werden häufig missachtet. Das müssen wir ändern und auch hierauf ein viel stärkeres Augenmerk richten.

Das "Skelett" des Fahrrads, der Rahmen, ist dabei sicher das wichtigste Teil. Er wird aus Materialien wie Stahl, Aluminium, Karbon oder Titan hergestellt. Mehr als ein Viertel aller Fahrradrahmen, die in Europa verkauft werden, kommen z.B. aus Kambodscha, wo die Arbeitsbedingungen äußerst problematisch sind. Das autoritäre Regime lässt keine Gewerkschaftsfreiheit zu und verfolgt politische Oppositionelle. Es gibt in der Regel nur Halbjahresarbeitsverträge und Schutzkleidung beim Schweißen ist häufig nicht vorhanden. Die Reifen werden mit Naturkautschuk hergestellt, der überwiegend (zu über 90 Prozent) aus Südostasien bezogen wird. Es gibt verschiedene Schaltungssysteme, die aus unterschiedlichen Teilen der Welt stammen. Die meisten werden von einer japanischen Firma an Standorten wie Singapur, Malaysia, Japan und China hergestellt. Einem der Zulieferer in Malaysia wird der Einsatz von Zwangsarbeit vorgeworfen, u.a. unrechtmäßige Lohnabzüge, Drohungen, körperliche Misshandlungen und unbezahlte Suspendierungen. Die Batteriezellen für E-Bikes werden derzeit vor allem in asiatischen Ländern wie China und Südkorea hergestellt. Für die Batterien werden seltene Erden benötigt, die oft aus politisch instabilen Regionen bezogen werden. Die Gewinnung von Rohstoffen wie Kobalt, Lithium, Graphit und Mangan geht häufig mit Umweltproblemen einher. Auch ist das Recycling von Fahrradteilen, gerade bei E-Bikes, unterentwickelt.

„Die Lebens- und Arbeitsbedingungen unserer Handelspartner bei der Herstellung von Fahrradteilen vor Ort müssen verbessert werden und der positive Effekt des globalen Handels muss auch den Menschen, die in der Produktion beschäftigt sind, zugutekommen.

  • Deshalb wird das neue EU-Sorgfaltspflichtengesetz mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in den weltweiten Lieferketten bringen. Durch das EU-Gesetz wird für Fahrradteile, die nach Europa kommen, ein Mindeststandard hinsichtlich sozialer und ökologischer Aspekte gesetzt. 
  • Deshalb haben wir faire Handelsabkommen mit Ländern wie Chile durchgesetzt, um die fundamentalen Arbeitnehmerrechte zu garantieren, saubere Produktionen - im Fall von Chile Lithium für die Batterieproduktion - zu ermöglichen und auch sorgsam mit Rohstoffgewinnung umzugehen. 
  • Deshalb habe ich mit dafür gesorgt, dass Teile, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden, zukünftig nicht mehr auf dem EU-Binnenmarkt bereitgestellt, verkauft und von dort exportiert werden dürfen.
  • Deshalb haben wir das Recht auf Reparatur auf Batterien von E-Bikes ausgeweitet. Ersatzteile zu angemessenen Preisen müssen bereitgehalten und im Falle eines Defekts repariert werden zu einem angemessenen Preis. Für Fahrräder und E-Bikes wird es eine Änderung der Ökodesignvorgaben geben und damit das Recht auf Reparatur auch auf Fahrräder und E-Bikes in Gänze angewendet werden.“

 

Fairness im Handel

„Dumping in der Herstellung darf kein Verkaufsargument sein. Deshalb haben wir in unsere strenge EU-Vorschriften gegen Dumping und unfaire Subventionen, die Verletzung von Arbeitnehmerrechten und Umweltstandards als Tatbestand eingeführt“ unterstreicht Bernd Lange.

„So gibt es auf Einfuhren von Fahrrädern und Fahrradteilen mit Ursprung in China Antidumpingmaßnahmen. Die Maßnahmen wurden auch auf Einfuhren aus Indonesien, Malaysia, Sri Lanka, Tunesien, Kambodscha, Pakistan und den Philippinen von entsprechenden Produkte ausgeweitet. Auch auf Einfuhren von Elektrofahrrädern (E-Bikes) mit Ursprung in China bestehen seit 2019 sowohl Antidumping- als auch Antisubventionsmaßnahmen. Mit gedumpten Einfuhren aus der VR China wurden die Preise der Europäischen Anbieter erheblich unterboten und damit sehr schnell 23 Prozent Marktanteil erzielt. Deshalb haben wir einen Ausgleichszoll zwischen 30 – 80 Prozent je nach Hersteller gesetzt.“

2022 wurden in der EU insgesamt 14,7 Millionen Fahrräder hergestellt, von Unternehmen der deutschen Fahrradindustrie ca. 3 Millionen in Deutschland oder anderen EU-Ländern. Es gibt einen Boom der Fahrradverkäufe, auch wenn die absoluten Verkaufszahlen in der Pandemie etwas zurückgegangen sind. Insgesamt rund 4 Millionen Fahrräder und E-Bikes wurden 2023 in Deutschland verkauft. Mehr als die Hälfte davon waren E-Bikes, so dass wir in Deutschland nun einen Bestand von 84 Millionen Fahrrädern haben 

 

EU-Tourentipp 

In der Zeit der Fahrradausflüge stellt sich vielleicht die Frage, wo es denn hingehen soll. Warum nicht mal eine Tour machen, und sich EU-geförderte Projekte vor Ort ansehen. Häufig bleibt die EU-Förderung aber unentdeckt. Deswegen habe ich ein paar Fahrradtouren zu EU- geförderten und ganz unterschiedlichen Projekten entwickelt:  https://www.komoot.com/de-de/user/berndlangeeuropa