„Kontrollen ohne Schlupflöcher nötig“
Laut EU-Kommission sind in Europa mehr als die Hälfte der Feuerwaffen für den zivilen Gebrauch illegaler Natur. Das bedeutet, dass schätzungsweise 35 Millionen nicht registrierte Feuerwaffen im Umlauf sind.
Deshalb hat die EU dem illegalen Handel von Feuerwaffen den Kampf angesagt. Die EU-Kommission hatte im Oktober einen Vorschlag für schärfere Import- und Exportkontrollen von Gewehren, Pistolen, deren Bestandteile und Munition vorgelegt. Diesen Entwurf möchte das Europäische Parlament jetzt noch einmal weiter schärfen. Der entsprechende Bericht wird heute erstmals im Handelsausschuss des EU-Parlaments vorgestellt.
Bernd Lange, zuständiger Berichterstatter und Vorsitzender des Handelsausschusses im EU-Parlament:
„Die Zahlen über illegale Feuerwaffen in der EU sind schockierend. Noch schlimmer ist, dass die EU-Mitgliedstaaten bislang nicht einmal obligatorische Daten über Ein- und Ausfuhren vorlegen müssen. Daher könnte die Zahl der illegalen Feuerwaffen noch höher sein. Ohne zuverlässige Daten ist es nahezu unmöglich, gezielte Maßnahmen zu ergreifen. Alle nicht registrierten Feuerwaffen könnten im schlimmsten Fall beispielsweise für eine Massenschießerei verwendet werden. Je mehr illegale Waffen zur Verfügung stehen, desto leichter ist es, an eine Waffe zu gelangen, um ein Verbrechen zu begehen. Wir müssen daher endlich einen harmonisierten Rechtsrahmen für Import- und Exportkontrollen ohne Schlupflöcher schaffen.
Der Ansatz der EU-Kommission mit dem Hauptaugenmerk auf der Rückverfolgbarkeit, der Qualität der Daten und dem Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten geht in die richtige Richtung. Wir sollten aber zusätzlich noch einen besonderen Fokus auf Transparenz legen. Warum sollte die Zahl der Importe und Exporte geheim sein? Ich fordere, dass diese Zahlen von den Mitgliedstaaten nicht nur an die Europäische Kommission, sondern auch an das Europäische Parlament und an die Öffentlichkeit weitergegeben werden sollten. Die Karten gehören auf den Tisch! Jeder sollte das Recht haben, zu erfahren, was in Europa mit Schusswaffen für zivile Nutzung vor sich geht. Wir haben dies bereits in ähnlicher Weise mit der aktuellen Dual-Use-Verordnung getan, bei der es auch um sensible Güter geht. Hinter diesen Standard sollten wir nicht mehr zurück. Diese öffentlichen jährlichen Berichte sollten nicht nur die Zahlen über die Import- und Ausfuhrgenehmigungen und -verweigerungen sowie die Gründe dafür enthalten, sondern auch Auskunft über die Kontrollen und das bereitgestellte Personal geben.
Für alle Feuerwaffen, die genehmigungspflichtig sind, sollten auch Erklärungen zum letztendlichen Verbleib vorgelegt werden. Der Vorschlag der Europäischen Kommission, dies nur für einige Waffentypen zu verlangen, geht mir nicht weit genug. Diese zusätzliche Kontrollebene bietet eine weitere Chance, Feuerwaffen aus den falschen Händen herauszuhalten oder ihre Abzweigung in den illegalen Markt zu verhindern. Der größere Verwaltungsaufwand ist ein geringer Preis im Verhältnis zu der Chance, Menschenleben zu retten.“
Hier ist der Berichtsentwurf online. Der Bericht wird nach derzeitiger Planung Ende Oktober im Ausschuss und bereits im November im Plenum abgestimmt, um danach unmittelbar die interinstitutionellen Verhandlungen zu beginnen.