Vom 23. bis 25.8. findet in Berlin die weltweit größte Internationale Konferenz der Fair-Handels-Bewegung statt. Für faire Handelsbedingungen engagiert sich seit langem der EU-Abgeordnete Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel (INTA) und seit 2019 Vorsitzender der parlamentarischen Arbeitsgruppe Fairer Handel (FTWG). Brot für die Welt war mit ihm dazu im Gespräch.

Herr Lange, wieso ist der Faire Handel nach wie vor so wichtig?

Handel kann nachhaltigen Wohlstand erzeugen, wenn die Bedingungen richtig gesetzt sind. Leider ist das in vielen Beziehungen von Unternehmen in Industrieländern zu Partnern in weniger entwickelten Ländern häufig nicht der Fall. Fairer Handel ist ein Instrument, Beziehungen gerechter zu machen, einen faireren Anteil am Erlös zu generieren, Empowerment bei Produzent:innen zu entwickeln und Bewusstsein für die Ungerechtigkeit bestehender Beziehungen in Industrieländern zu schaffen.

Wie setzen Sie sich als EU-Abgeordneter für ein starkes EU-Lieferkettengesetz ein?

Die Einhaltung fundamentaler Arbeitnehmerrechte, Umweltstandards und des Pariser Klimaschutzabkommens in der gesamten Lieferkette von europäischen Unternehmen sollte eigentlich selbstverständlich sein. Da dies nicht der Fall ist, brauchen wir dringend ein Europäisches Gesetz dafür. Ich habe deswegen beispielsweise die Verhandlungen für ein kleineres Lieferkettengesetz über Sorgfaltspflicht für Gold, Zinn, Tantal und Wolfram aus Konfliktregionen geleitet. Im Handelsausschuss war ich Berichterstatter für die Position des Europäischen Parlaments zum EU-Lieferkettengesetz. Mit dem verspäteten Gesetzgebungsvorschlag liegt nun die Basis für ein verbindliches Gesetz auf dem Tisch. Ergänzend dazu wird ein Gesetz kommen, dass die Vermarktung von Produkten verbietet, die in Zwangsarbeit entstanden sind. Hierzu habe ich übrigens auch eine Resolution des Europäischen Parlaments entwickelt.

Welche handelspolitischen Hebel sind notwendig, damit der weltweite Handel fairer wird?

Europäische Gesetze haben natürlich aufgrund der wirtschaftlichen Größe der EU eine gewisse Standard-bildende Dimension, also eine Art Vorbildfunktion. Insofern setzen wir zunächst auf gute europäische Gesetze Und da tut sich gerade in jüngster Zeit einiges. Neben dem Lieferkettengesetz gibt es zum Beispiel eine Gesetzgebung, die verhindert, dass Produkte aus Gebieten, die auf illegal entwaldeten Regionen produziert werden, auf den EU-Markt kommen. Nach intensiven Bemühungen des Europäischen Parlaments werden die Nachhaltigkeitskapitel in bilateralen Handelsabkommen der EU gründlich geändert. Verbindliche Implementierung, klares Monitoring und Sanktionierung bei Nichteinhaltung inklusive einer stärkeren Rolle der Zivilgesellschaft sind nun das Prinzip, das erstmalig im neuen Abkommen mit Neuseeland vereinbart wurde. All diese europäischen Ansätze diskutieren wir natürlich mit Partnern, um mehr verbindliche Regeln für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung zu erreichen. Wünschenswert wäre natürlich, dass solche Regeln der Nachhaltigkeit und Fairness sich auch im Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO) wiederfinden. Das ist jedoch eine Marathonaufgabe. So könnte ich mir die Integration der ILO-Kernkonventionen in das Regelwerk gut vorstellen, damit diese den gleichen rechtlich bindenden Status bekommen wie beispielsweise das Beihilferegime. Globalisierung muss gerecht gestaltet werden.