Während deutsche Unternehmen weiter kräftig in China investieren wollen, tritt die Politik auf die Bremse - und es gibt gute Gründe zur Vorsicht. Dabei könnte Europa Chinas Neuer-Seidenstraßen-Initiative etwas entgegensetzen.

Ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Kriegs scheinen die Spitzenmanager der deutschen Industrie einen Satz nicht oft genug wiederholen zu können:„Wir diversifizieren", sagt BASF-Chef Martin Brudermüller in jedem Interview, wenn er auf sein China-Engagement angesprochen wird. Das sei „angesichts der geopolitischen Entwicklung" besonders wichtig, fügt Volkswagen-Chef Oliver Blume hinzu. Es ist die Botschaft, die die Bundesregierung hören will, nachdem die wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland dem Steuerzahler so schmerzhaft auf die Füße gefallen ist. [...]

Auf EU-Ebene wird schließlich darüber nachgedacht, ob man Investitionsentscheidungen von Konzernen in China staatlich kontrollieren sollte. Die EU-Kommission hat sich in ihrem Arbeitsprogramm für 2023 vorgenommen, die Notwendigkeit solcher Regeln zu „untersuchen". Bislang können EU-Regierungen nämlich nur einschreiten, wenn Konzerne von anderen Kontinenten, etwa aus China, in Europa investieren wollen, also zum Beispiel die chinesische Reederei Cosco im Hamburger Hafen. Bernd Lange, der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, glaubt aber nicht, dass die Mitgliedstaaten einen Vorschlag der Kommission unterstützen würden: „Soll BASF dann verboten werden, in China zu investieren? Das wird nicht kommen", sagt der SPD-Abgeordnete.

China hat bereits seit 2018 ein solches Kontrollregime. Auch in Japan gibt es Regeln, die Investitionen eigener Konzerne in strategischen Bereichen wie Computerchips im Ausland einschränken sollen. In
den USA sollen ähnliche Vorschriften demnächst kommen. Die Bundesregierung hingegen will erst einmal abwarten, welche Erfahrungen die anderen Länder damit machen.

Doch auch diese Abwarte Haltung birgt Risiken, wie EU-Politiker Lange betont: „Wir steuern auf eine Fragmentierung des Welthandels zu, auf eine bipolare Welt, wo Europas Wirtschaft in Gefahr gerät, zwischen den USA und China zerrieben zu werden." Ein Ausweg wäre aus seiner Sicht die Erschließung neuer Märkte: „Was die EU braucht, ist die Förderung von strategisch wichtigen Investments und Exporten in bestimmten Regionen. Zum Beispiel Investitionen europäischer Unternehmen in Infrastruktur in Afrika." Damit könnte Europa zudem Chinas Neuer-Seidenstraßen-Initiative etwas entgegensetzen. [...]