Freihandelsabkommen EU-Südkorea gefährdet Arbeitsplätze in der niedersächsischen Automobilindustrie!
Ende dieser Woche soll ein neues Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südkorea von der EU-Kommission und dem südkoreanischen Handelsminister paraphiert werden. EU-Handelskommissarin Ashton möchte das Abkommen noch mit dem Ende ihrer Amtszeit abschließen. „Ich warne vor solch einem übereilten Abschluss. Gerade in der jetzigen Situation darf man nicht leichtfertig Arbeitsplätze in der europäischen Automobilindustrie gefährden. Doch genau das geschieht mit dem vorliegenden Text", kritisiert der SPD-Europaabgeordnete Bernd LANGE.
Für die europäische Automobilindustrie und deren Beschäftigte sind nach bisherigem Verhandlungsergebnis gravierende Nachteile zu befürchten. Dies gilt auch für die Automobilindustrie in Niedersachsen. Das bestehende Ungleichgewicht der Marktmöglichkeiten wird durch das Wegfallen von Zöllen in dem Abkommen weiter verschärft.
Bereits jetzt importieren südkoreanische Hersteller im Jahr etwa 480.000 Fahrzeuge in die EU. Umgekehrt verkaufen die europäischen Hersteller nur ca. 35.000 Einheiten in Südkorea.
Problematisch ist zudem das Zugeständnis einer Zollrückerstattung (drawback) für Lieferungen aus Drittländern für Südkorea. „Diese Regelung würde bedeuten, dass südkoreanische Hersteller für importierte Teile aus China, z.B. Batterien, keinen Zoll bezahlen müssten, für die ein europäischer Hersteller sehr wohl Zoll entrichten muss. Dies kann einen zusätzlichen Kostenvorteil von bis zu 500 € bedeuten“, betont der Automobilexperte und Handelspolitiker Bernd LANGE.
„Es ist darüber hinaus ein Skandal, dass Südkorea die Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) im Zusammenhang mit den fundamentalen Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechten nach wie vor nicht ratifiziert hat und dadurch zusätzliche Wettbewerbsvorteile bekommt", stellt Bernd LANGE klar. Gerade in jüngster Zeit häuften sich die Fälle, in denen Arbeitnehmer in ihrer Koalitionsfreiheit und Verhandlungsfreiheit grob behindert worden sind oder Arbeitskampfmaßnahmen von der Regierung unterdrückt und zahlreiche Gewerkschafter verhaftet und verurteilt wurden. "Eine Grundvoraussetzung für ein Freihandelsabkommen muss sein, dass alle ILO-Normen in südkoreanische Gesetze gegossen werden", so die Forderung von Bernd LANGE.
In dieser Sache hat Bernd LANGE den Bundeswirtschaftsminister Dr. zu Guttenberg angeschrieben und gebeten, dass das Abkommen erst abgeschlossen wird, wenn die genannten Probleme ausgeräumt sind. "Diese Haltung sollte auch die EU-Kommission einnehmen", so Bernd LANGE abschließend.
Hintergrund:
Im Mai 2007 wurden die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen EU und Südkorea begonnen. Jetzt ist der „legal text“ zur Beschlussfassung durch die Mitgliedsstaaten fertig.
Im Rahmen des Freihandelsabkommens soll nun nur eine kurze Übergangszeit für den Abbau der EU-Zölle (10 % für Pkw) gelten. Dies bedeutet einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil für die Südkoreanischen Hersteller.
Einzigartig ist die Zollrückerstattung (drawback) für Lieferungen aus Drittländern. Derartige besondere Zugeständnisse sind von der EU nicht gewährt worden. Dies darf nun unter keinen Umständen ein Präzedenzfall werden. Eine verhandelte so genannte „Safeguard clause“ bezüglich der Zollrückerstattung erscheint unpraktikabel (eine maximal höhere Quote der importierten Teile zu exportierten Autos um 10 % ist erlaubt, bei einem zu starken Anstieg von fremden Teilen kann die Rückerstattung gekürzt werden), da sie keine verlässliche Datenbasis hat und zudem erst 2016 in Kraft treten soll. Besser wäre eine klare Festlegung des Anteils der lokalen Wertschöpfung.
Außerdem ist mit dem Freihandelsabkommen nicht gesichert, dass der sofortige, konsequente und unumkehrbare Abbau sämtlicher nicht-tarifärer Handelshemmnisse in Südkorea angegangen wird. Dazu gehören u.a. die Anerkennung von technischen Standards (UN ECE, z.B. Umweltnormen wie EURO 5, On-Board-Diagnose) ohne Zusatzprüfungen und nicht das Zulassen von bestimmen Quoten an ausländischen Fahrzeugen, wie es vereinbart werden soll. Dringend brauchen wir ein effektives Schlichtungsverfahren bei Streitigkeiten