Europa will den Handel mit Südamerika stärken, besteht aber auf einem besseren Schutz des Regenwalds. Vor allem die Grünen machen Druck. Brasilien will das nicht hinnehmen.
Mit dem Mercosur-Abkommen könnte die größte Freihandelszone der Welt mit 780 Millionen Einwohnern entstehen. Doch die Hoffnung auf ein gemeinsames Handelsabkommen zwischen der EU und den vier südamerikanischen Mercosur-Staaten schwindet.

Der Plan, auf dem EU-Lateinamerika-Gipfel am 18. Juli eine Grundsatzeinigung zu verkünden, ist faktisch schon gescheitert, wie Eingeweihte dem Handelsblatt berichten. Eine baldige Einigung sei „sehr unwahrscheinlich“, sagte ein EU-Diplomat, nicht einmal zum Jahresende sehe er eine Chance.

Frankreich, Belgien, die Niederlande, Österreich und Irland lehnen den Vertragstext in der aktuellen Form ab. Sie fürchten billige Rindfleischimporte aus Südamerika und die weitere Zerstörung des Regenwalds. Bei den Partnern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay wiederum regt sich Unmut über Nachforderungen der Europäer, die einen besseren Schutz des Waldes verlangen.

Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva beschrieb den Handelsdeal am Montag zwar als „Win-win-Situation“, kritisierte die EU aber dafür, „Auflagen“ zu machen. „Es ist ein Abkommen zwischen strategischen Partnern“, daher sollte der eine den anderen nicht bedrohen, sagte Lula. [...]

„Es wird nicht so schnell gehen, wie wir gedacht haben“, sagt der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD). Die politische Lage in Brasilien sei komplex. Lulas Kabinett sei sich nicht einig und habe auch keine Mehrheit im Parlament.

Lange hofft immer noch, den Deal bis zum Jahresende beschließen zu können. Das ist auch die Position der EU-Kommission, die allerdings von Zweckoptimismus geprägt zu sein scheint. Lange warnt, dass die politische Instabilität in Brasilien eher zunehmen werde – und es irgendwann zu spät sein könnte. „Wenn wir es nicht bis zum Jahresende schaffen, kommt der Mercosur-Deal gar nicht mehr“, sagt er.

Der SPD-Politiker appelliert an die Kritiker in Europa, die Gespräche nicht mit Nachforderungen zu überfrachten. Ohne den Mercosur-Deal würde es gar keine Kontrolle über den Regenwald geben, gibt er zu bedenken. Doch dürften die jüngsten Zahlen zum Schwund des Urwalds am Amazonas die Entschlossenheit der Waldschützer noch erhöhen. [...]