„Rückenwind aus Brüssel für norddeutsche Stahlproduktion - neues Handelsschutzinstrument kommt“

Die Europäische Kommission wird heute ein neues handelspolitisches Instrument für den besseren Schutz der europäischen Stahlproduktion präsentieren. Das neue Handelsschutzinstrument ersetzt die alten „Safeguards“, die im Juni 2026 auslaufen. Die neue Regelung sieht länder- und produktspezifische Zollkontingente mit einem bestimmten Freikontingent vor. Wird dieses überschritten, werden weitere Importe mit hohen Zöllen belegt.
Mit dem stärkeren Handelsschutz für Stahl setzt die Kommission eine zentrale Forderung von Sozialdemokrat:innen auf Europäischer- wie auf Bundesebene um, die darauf drängen, Lösungen für die unter Druck geratene europäische Stahlproduktion zu präsentieren. Unfaire Handelspraktiken, unzureichende Schutzmechanismen der EU und zu hohe Energiepreise setzen die Branche massiv unter Druck. Während Billigimporte aus Drittstaaten den Markt überschwemmen, kämpfen europäische Stahlwerke um ihre Zukunft.
Dazu der niedersächsische SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des EP-Handelsausschusses Bernd Lange:
„Das ist wichtiger Rückenwind für unsere Stahlwerke in Norddeutschland. Ob beispielsweise die Georgsmarienhütte GmbH und die Salzgitter AG in Niedersachsen oder ArcelorMittal in Hamburg, alle werden zukünftig viel stärker und umfassender gegen den unlauteren Wettbewerb und unfaire Handelspraktiken geschützt und damit die heimische Produktion gestärkt. Das war längst überfällig und weitere Maßnahmen müssen folgen. Es kann doch nicht angehen, dass Unternehmen wie die Salzgitter AG, die sich schon vor allen anderen auf den Weg der Dekarbonisierung und damit Transformation gemacht haben, ein so innovatives und zukunftsträchtiges Projekt wie Salcos auf die lange Bank schieben müssen, weil wir nicht den richtigen Rahmen für solche langfristigen Investitionen bieten können. Das sind wir den 10.000 Beschäftigten in der Stahlindustrie und den rund 350.000 Personen in der stahlverarbeitenden Industrie in Niedersachsen schuldig.
Das ist endlich ein starkes Schutzinstrument, das seinen Namen verdient und auch Zähne hat. Im Gegensatz zu dem alten System, das von der Realität regelrecht überrollt wurde und damit eigentlich nahezu wirkungslos war, ist der neue Schutzmechanismus viel flexibler, passgenauer und greift vor allem schneller. Auf den Punkt gebracht: Wir können auch zukünftig viel schneller auf veränderte Marktsituationen reagieren. Und es ist diesmal ein viel umfassenderer Schutz, da beispielsweise durch eine klare Ursprungsregelung oder der Nicht-Übertragbarkeit von nicht genutzten Kontingenten Schlupflöcher und Umgehungsmöglichkeiten ausgemerzt wurden.
Trotzdem muss jedem klar sein, dass dieses Handelsschutzinstrument kein Allheilmittel zur Rettung der europäischen Stahlindustrie ist. Es ist ein wichtiger Etappensieg, weil jetzt konsequenter gegen unlauteren Wettbewerb vorgegangen wird, aber der Weg ist noch lang und es müssen zeitnah weitere Schritte folgen, damit unsere Stahlindustrie zukunftsfähig wird. Die Einführung von Leitmärkten für grünen Stahl durch beispielsweise local-content-Kriterien bei privaten oder öffentlichen Ausschreibungen oder Produkten sowie Anreize für die Verwendung von grünem Stahl bei der Automobilproduktion oder grüne Labels könnten wirklich zum Game Changer für die Stahlindustrie werden. Das muss jetzt genauso wie ein Industriestrompreis alles zeitnah auf den Weg gebracht werden. Wir brauchen den richtigen nationalen und europäischen Rahmen, damit die norddeutsche Stahlindustrie auf ihrem Weg der Transformation und Zukunftsfähigkeit die richtigen Leitplanken bekommt.“