Das Europäische Parlament, die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission haben heute final ein neues handelspolitisches Schutzinstrument besiegelt. Das Instrument soll der EU ermöglichen, sich entschieden gegen Drittstaaten zur Wehr zu setzen, die die EU oder ihre Mitgliedstaaten zu politischen Entscheidungen zwingen wollen.
Bernd Lange, Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel, EP-Verhandlungsführer und Berichterstatter für das sogenannte Anti Coercion Instrument:

"Die EU muss sich unangenehmen geopolitischen Realitäten stellen und dabei handlungsfähiger als bisher sein. Handelspolitik wird immer häufiger als politische Waffe eingesetzt. Wir sind angreifbar und es gibt Staaten, die diese Verwundbarkeit mit angedrohten Zwangsmaßnahmen ausnutzen wollen. Wenn beispielsweise ein Rechtsstaat X plötzlich als politisches Druckmittel den Import von VW untersagen würde, dann wäre uns bisher nur Achselzucken geblieben. Jetzt haben wir die Möglichkeit, uns zu wehren und defensive Gegenmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Dazu gehören klassische Zölle, aber auch Beschränkungen des Marktzugangs, Export-Kontrollmaßnahmen und Aufhebungen des Schutzes von geistigem Eigentum. Wir haben bewusst einen vielfältigen Korb von möglichen Sanktionen geschaffen. Damit ist kein Land, das Zwangsmaßnahmen initiiert, einfach so in der Lage, zu kalkulieren, welche Gegenmaßnahmen zu erwarten sind. Außerdem gibt es einen soliden Rahmen für die Wiedergutmachung von Schäden

Wir hatten eine Lücke in unserem Instrumentarium. Das haben wir im Europäischen Parlament bereits vor Jahren erkannt und seit 2020 ein dementsprechendes Gesetz gefordert. Mit dem neuen defensiven handelspolitischen Instrument kann Europa selbstbewusster auf der Weltbühne für eigene Interessen einstehen und sich gegen wirtschaftliche Erpressungen verteidigen. Wir müssen das Recht der Union, demokratische und souveräne politische Entscheidungen zu treffen, ohne Zwang ausüben zu müssen, unbedingt schützen.“

Das EU-Parlament hat in den Verhandlungen eine Verwässerung des Schutzinstruments verhindert und Klarstellungen und Verschärfungen durchgesetzt.

„Der Rat wollte leider einen Papiertiger aus dem Schutzinstrument machen. Das ist aufgrund des Widerstands des Europäischen Parlaments misslungen. Wir haben für klare Definitionen und einen klaren Zeitplan gesorgt, so dass das Instrument nicht in alle Ewigkeit verschoben werden kann. Zudem ist das Parlament in sämtlichen Stufen der Entscheidungsfindung beteiligt. Anders als beispielsweise der amerikanische Ansatz ist unser Instrument aber ein defensives, reaktives und damit eine Maßnahme der letzten Instanz. Bei dem neuen Instrument geht es im Kern darum, souveräne Entscheidungen zu garantieren.“

Das Parlament und der Rat müssen dieses Abkommen noch förmlich genehmigen, bevor es in Kraft treten kann.