Premierminister Rishi Sunak und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellten die Vereinbarung am Montag nach einem Treffen in Windsor westlich von London vor.

Die EU und Großbritannien haben mit einem neuen Abkommen den jahrelangen Streit über die Brexit-Regelungen für Nordirland beigelegt. Premierminister Rishi Sunak und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellten die Vereinbarung am Montag nach einem Treffen in Windsor westlich von London vor. Hält das Abkommen, was es verspricht, verschwände damit die Gefahr, dass ein eskalierender Streit das mühsam ausgehandelte Post-Brexit-Handelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU zu Fall bringt. Dieses Risiko ist entstanden, weil die britische Regierung unter Boris Johnson ein Gesetz auf den Weg gebracht hat, welches es ihr erlaubt, das zum EU-Austrittsvertrag gehörende Nordirland-Protokoll einseitig zu ändern oder auszusetzen.

„Grüne“ und „Rote“ Kontrollspuren

Für die Transportwirtschaft steht bei dem Streit die Frage im Mittelpunkt, wie Warenlieferungen kontrolliert werden müssen, die aus anderen Teilen des Vereinigten Königreiches in Nordirland ankommen. Den Briten gingen die Kontrollregeln, mit denen sich die EU gegen Risiken eines Weitertransports in ihren Binnenmarkt über die offene Grenze zwischen Nordirland und Irland absichern will, zu weit. Nun sollen unterschiedliche Kontrollen auf einer „grünen Spur“ (für Güter, die in Nordirland verbleiben) und einer „roten Spur“ (für Güter, die weiter nach Irland gelangen könnten) eingeführt werden.

Lebensmittel müssen gekennzeichnet werden

Für Lebensmittel wird stufenweise ein Kennzeichnungssystem eingeführt. Vorverpackte Waren wie Fleisch oder Milch müssen ein Label bekommen, wenn sie für den Verkauf in Nordirland bestimmt sind und daher auch nicht den EU-Hygiene- und Gesundheitsregeln entsprechen müssen. Für lose Produkte wie etwa Obst und Gemüse ist eine Kennzeichnung von Kisten vorgesehen. In nordirischen Geschäften sollen Schilder darauf hinweisen, welche Waren nicht in die EU-gelangen dürfen. Die EU soll den lange geforderten Zugang zu britischen Echtzeit-Zollinformationen bekommen und Stichproben verlangen dürfen.

Zollerleichterung für „vertrauenswürdige Händler“

Bei der Zollabfertigung können Importeure die „grüne Spur“ benutzen, wenn sie sich als „vertrauenswürdige Händler“ registriert haben, was Angaben über die üblicherweise transportierten Waren voraussetzt. Die Registrierung soll künftig Unternehmen aus dem gesamten Königreich möglich sein, nicht nur – wie bisher - aus Nordirland. Kontrollen für „vertrauenswürdige Händler“ sollen drastisch erleichtert werden. Sie müssen in Zollpapieren etwa nur 21 statt 80 Angaben machen. Auch für Pakete sollen vereinfachte Zollverfahren gelten, wenn sie von „autorisierten Carriern“ wie DHL, UPS, Amazon oder Royal Mail transportiert werden.

„Für die Europäische Union ist es wichtig, dass wir ein Sicherheitsnetz spannen“, sagte der Europaabgeordnete Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des EP-Handelsausschusses. „Mit der Übereinkunft über den Zugang zu den britischen Zoll-Daten ist so ein Netz nun geknüpft worden. Dabei geht es um den Zugriff auf das Zoll-IT-System, sodass die EU tatsächlich nachvollziehen kann, welche Produkte wohin geliefert werden.“ [...]