Die Debatte um das Irland-/Nordirland-Protokoll hat in der vergangenen Woche erneut zu heftigen Turbulenzen geführt.

Bereits mit dem Austrittsvertrag hatten sich die EU und das Vereinigte Königreich (VK) auf Kontrollen für Waren verständigt, die innerhalb des VK von Großbritannien nach Nordirland geliefert werden. Ziel der Regelung war und ist es, eine harte Grenze bzw. Kontrollen zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden.

Am 02.02. kündigte der nordirische Agrarminister Edwin Poots an, die (ohnehin noch nicht zufriedenstellend umgesetzten) Zollkontrollen zu stoppen. Zu einer Umsetzung dieser Ankündigung kam es zwar nicht, auch weil der nordirische High Court am 04.02. das Vorhaben stoppte, bis eine umfassendere juristische Prüfung erfolgt ist. Allerdings führte der Vorstoß dennoch zu heftiger Kritik und belastete die Beziehungen. EU-Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič nannte die Ankündigung Poots‘ „wenig hilfreich“ und sagte: „Sie schafft Unsicherheit und Unbe-rechenbarkeit für die Menschen und Unternehmen in Nordirland. Diese Kontrollen sind notwendig, damit Nordirland vom Zugang zum EU-Binnenmarkt für Waren profitieren kann.“

Für das Europäische Parlament unterschrieben zahlreiche Ausschussvorsitzende ein Statement, in dem die entstehende Unsicherheit ebenfalls kritisiert und zudem betont wird, dass eine Neuverhandlung des Protokolls keine Option für die EU ist. Das Parlament unterstütze die Kommission voll und ganz bei den Gesprächen mit der britischen Regierung über praktische, flexible und anhaltende Lösungen zur Umsetzung des Protokolls. Das Statement wurde u.a. von den Ausschussvorsitzenden Bernd Lange (SPD) und David McAllister (CDU) unterzeichnet. Die beiden Niedersachsen leiten gemeinsam die UK Contact Group und sind damit, wie auch schon in den Verhandlungen, zentrale Ansprechpartner des Parlaments für Brexit-Angelegenheiten.

Deutliche Kritik an der geplanten Aussetzung der Kontrollen kam auch von der Regierung in Irland und sowie dem proirischen Teil der Regierung Nordirlands. Einen Tag nach der Ankündigung seines Ministers legte zudem der probritische Erste Minister Nordirlands, Paul Givan, sein Amt nieder, um damit ebenfalls gegen das Nordirland-Protokoll zu protestieren. Die EU-Kommission und die britische Regierung werden ihre Gespräche über die Umsetzung des Nordirland-Protokolls in der aktuellen Woche zunächst auf Arbeitsebene fortsetzen. Für das Ende der Woche ist ein weiteres Treffen von Kommissions-Vize Šefčovič mit der britischen Außenministerin Liz Truss geplant.