„Abbau von Bürokratie ja, Kahlschlag bei Nachhaltigkeitsanforderungen nein“

Die Europäische Kommission wird morgen erste Teile des sogenannten „Omnibuspakets“ zur Verwaltungsvereinfachung veröffentlichen. Im ersten Teil soll es um die Vereinfachung von Nachhaltigkeitsanforderungen gehen. Davon werden wohl vor allem die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), die Taxonomie-Verordnung sowie das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) betroffen sein.
Dazu der niedersächsische SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des EP-Handelsausschusses Bernd Lange:
„Da in der letzten Legislaturperiode gerade im Rahmen des Green Deals und der Achtung von Arbeitnehmerrechten zahlreiche Gesetzgebungen mit neuen Berichtspflichten für Unternehmen auf den Weg gebracht wurden, steht es außer Frage, dass man dann auch bei überlappender oder sich bereits als unverhältnismäßig erwiesener Berichterstattung nachjustieren muss. Dies betrifft vor allem KMU. Ich habe 25 Gesetzgebungen identifiziert, die verschiedene Berichtspflichten vorsehen, aber in der Substanz kaum unterschiedlich sind. Hier besteht Handlungsbedarf. Aber solche Änderungen dürfen nicht die Substanz der Gesetze berühren. Und dass das nicht passieren würde, war uns von der EU-Kommission zugesagt worden. Die Kommission weiß jedoch sehr gut, dass es, sobald ein Gesetzesentwurf auf dem Tisch der Mitgesetzgeber liegt, Versuche geben wird, die Gesetzgebung vollständig auszuhöhlen. Da braucht man sich nur anzuschauen, was die EVP bei der Entwaldungsverordnung versucht hat.
Erste bereits zirkulierende Entwürfe des Omnibuspakets zeigen vor allem beim EU-Lieferkettengesetz Eingriffe, die weit über die Verwaltungsvereinfachung hinausgehen. Unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus soll hier die Gesetzgebung verwässert werden. Das können wir so nicht akzeptieren. Das ist ein Etikettenschwindel. Wir werden den vorliegenden Vorschlag deshalb genau unter die Lupe nehmen und klar zwischen Verwaltungsvereinfachung und notwendigen Sorgfaltspflichten im Interesse der Menschen, die für uns Güter produzieren, differenzieren. Die Achtung von Arbeitnehmerrechten steht nicht zur Disposition.
Ich bin besonders besorgt um die Sorgfaltspflichten. Es besteht keine Notwendigkeit, diese in das Omnibuspaket aufzunehmen, da sich die darin enthaltenen Berichtspflichten auf andere Rechtsvorschriften beziehen. Dennoch scheint die Kommission darauf bedacht zu sein, sie aufzunehmen. Zusätzlich ist es delikat, dass das EU-Lieferkettengesetz ja noch nicht in Kraft ist und insofern noch keine konkreten Erfahrungswerte vorhanden sind. Wenn nun an die Substanz gegangen wird, sind auch zukünftig legislative Verhandlungsergebnisse zwischen Europäischem Parlament und Ministerrat nicht mehr belastbar und es bringt auch keine Sicherheit für Investitionen von Unternehmen, wenn Gesetzgebungen permanent geändert werden. Damit würde ein Präzedenzfall zur Rückabwicklung von Gesetzen geschaffen werden. Dem müssen wir einen Riegel vorschieben.
Keine Frage ist aber, dass in dieser Legislaturperiode die Umsetzung von Gesetzgebung, die Kohärenz zwischen unterschiedlichen Gesetzgebungen und die Verfügbarkeit der notwendigen Ressourcen zur Umsetzung im Zentrum der Arbeit stehen müssen. Vereinfachung: ja. Deregulierung: nein.“