In einem Papier skizziert die EU-Kommission die düsteren Folgen des IRA für Europas Industrie. Kommissionschefin von der Leyen will den Schaden in Washington begrenzen.

Die EU-Kommission sieht den amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) als ernsthafte Gefahr für die europäische Industrie. In einem internen Papier warnt die Binnenmarktdirektion von Kommissar Thierry Breton vor den Risiken des US-Subventionsprogramms. „Die Gefahr einer Verzerrung der europäischen Lieferketten ist real“, lautet das Fazit.

Die Mischung aus niedrigeren Energiepreisen und schnelleren Subventionen erweist sich demnach schon jetzt als spürbarer Standortvorteil für die USA. Ein erheblicher Anteil europäischer Firmen erwäge, Aktivitäten aus der EU zu verlagern, heißt es in dem Papier.

Dies könne ganze Lieferketten betreffen und bereite besonders kleinen und mittleren Unternehmen in Europa Sorgen. Das US-Gesetz sieht Subventionen für grüne Technologien in Höhe von 369 Milliarden Dollar über zehn Jahre vor.

Um den Ernst der Lage zu illustrieren, listen die Autoren rund 50 Firmen in energieintensiven Branchen auf, die aufgrund der hohen Energiepreise seit dem Ukrainekrieg ihre Produktion unterbrochen, verkleinert oder ganz gestoppt haben. Darunter ist etwa der Stahlhersteller Arcelor-Mittal, der seine Produktion in Bremen und Hamburg zurückgefahren hat. Aber auch der Keramikhersteller V&B Fliesen, der in die Türkei umzieht.

Auch zählt die Kommission eine ganze Reihe von Firmen auf, die Investitionen in den USA angekündigt haben. Darunter ist etwa der italienische Energiekonzern Enel, der dank des IRA dort eine Solarzellenfabrik bauen will. Die norwegische Solarfirma REC Solar zieht sogar gleich in die USA um – „aufgrund der unerreichten Bedingungen, die der IRA bietet“, wie die Autoren schreiben. [...]

Können USA und EU ein Subventionsrennen vermeiden?

Der Streit um Rohstoff-Regeln zieht inzwischen weite Kreise: In dieser Woche blockierte Manchin im US-Senat die Bestätigung eines Kandidaten, der von Biden für die Leitung der US-Steuerbehörde nominiert wurde – als Zeichen des Protests. „Diese Regierung hat die Absicht des Kongresses bei der Umsetzung des IRA auf Schritt und Tritt ignoriert“, begründete Manchin sein Nein.

Hohe EU-Beamte räumen ein, dass es nicht leicht wird, die Amerikaner zu weiteren Zugeständnissen zu bewegen. Doch die Zeit drängt: Bis Ende des Monats muss eine Einigung vorliegen. SPD-Politiker Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament, sieht den möglichen Rohstoffdeal nur als „kleinen Baustein“ einer Verständigung mit den USA.

Sorge bereitet ihm die großzügige Förderung von grünem, also klimaneutralem Wasserstoff, die Washington ausschütten will. „In diesem Sektor ist der Verlagerungsdruck besonders groß“, warnt Lange. Europa laufe Gefahr, vielversprechende Start-ups zu verlieren.